Die Gibson Norlin-Ära !

 

Weil ich 3 Les Pauls dieser Dekade (die LP Custom und zwei Standards) besitze, möchte ich versuchen durch Informationen über diese Zeit etwas Licht in das Dunkel der Pro und Kontra-Meinungen zu bringen.

 

Um es vorweg zu nehmen: Ich mag die Norlins! 

 

Die Norlin -Ära

 

Am 22.Dezember 1969 kaufte ein Konsortium um Norton Stevens und Arnold Berlin Gibson  auf.

Gibson war nun ein kleiner Teil von Norlin Industries dem Multikonzern geworden. Nun hatten Leute das Sagen, deren vorrangiges Ziel die Gewinnoptimierung sein sollte, die aber mit der Kunst des Gitarrenbaus nicht viel am Hut hatten. Fender hatte zu dieser Zeit  ähnliche Probleme unter dem Dach des CBS-Konzerns. Die Folge waren diverse Fehlendscheidungen.

Diese Phase war gezeichnet von Sparmaßnahmen und ein genereller Rückgang der Nachfrage von Gitarren. Begünstigt war dies durch einen verstärkten Einfluss elektronischer Musik zum Ende der 70er oder Anfang der 80er-Jahre.

Trotz eingeleiteter Rettungsmaßnahmen  von 1980-1985,

den verspielten Vertrauensverlust wieder herzustellen, gelang es nicht Gibson zu retten.

 

Ein Konsortium von Henry Juszkiewicz, Gery Zebrowski und David Berryman übernahm für 5 Mio Dollar im Januar 1986 Gibson und brachte die Firma wieder auf den Weg des Erfolges.

Beispiel Sandwich -Body bei einer Luxor Les Paul
Beispiel Sandwich -Body bei einer Luxor Les Paul

Was waren die vermeidlichen Schandtaten der Norlin -Ära?

Nach intensiver Recherche im Internet habe ich versucht die gravierenden Einsparungen oder unliebsamen Änderungen dieser Zeit heraus zu finden.  Diese Zusammenstellung  betrifft die Les Paul-Modelle. Abgesehen von einigen Modellen, die auch unter Norlin "erfunden" wurden und völlige Ladenhüter waren.

 

Der "Sandwich oder Pancake Body"!

 

Der Korpus wurde von massiven Mahagoni (ursprünglich) aus 2 dicken Lagen Mahagoni mit einer dünnen Zwischenschicht  Ahorn übereinander verleimt. Diese Verfahren wurde Crossbanding genannt. Es finden sich auch Hinweise, dass nur Ahorn als Sandwichbodys verwendet wurden. Nach dem Motto -was gerade da war-.

Der Spareffekt lag im hauptsächlichen darin, dass  kleinere  Holzteile günstiger einzukaufen waren. Das gleiche galt auch für die Ahorndecke. Diese wurde wurde teilweise in 3 bis 5 Teilen aufgeleimt. Hier nahm man es bei der Passgenauigkeit der Maserung oft auch nicht so genau, wie diese eigentlich optisch zusammenpassten.  

Diese Sandwich Bodys lassen sich  auf einen Zeitraum von 1970 bis 1977 eingrenzen.

 

Der Hals:

 

Wie der Korpus bestand auch der Hals vorher aus massiven Mahagoni mit Griffbrettern aus Palisander oder Ebenholz. Auch hier wurde auf Ahorn zurückgegriffen. Die Hälse sind nun aus 3-teiligen Ahorn, wobei das Mittelstück breiter ist als die beiden äußeren.

In Katalogen aus den Jahren 1970-1972 fand ich auch kombinierte Hälse  aus Ahorn und Mahagoni. Selbst im Katalog von 1980 sind für alle Les Paul Modelle noch Ahornhälse unter Specs angegeben, wobei auch hervorgeht, dass sie 3-teilig waren.

 Diese einteilige/mehrteiligen Necks lassen sich  nach meinen Erkundungen  auf den Zeitraum  von 1970 bis 1980 eingrenzen. Nach 1980 wurden sie nur noch vereinzelt gefertigt.

 

Das Finish:

 

Bei dem Lack wurde auf Nitrozellulose verzichtet. Stattdessen wurde Polyurethan verwendet. Es lässt sich nicht genau definieren in welchem Zeitraum das gewesen ist.

Ahorn Furnier meiner Les Paul (3-Teilig)
Ahorn Furnier meiner Les Paul (3-Teilig)

Gibson versucht der Entwicklung

entgegen zu steuern!

 

Viel zu spät erkannten die Verantwortlichen durch Qualitätsverbesserungen das Image der Firma aufzumöbeln. Man besann sich auf die legendären Gitarren der 50er und 60er-Jahre. 

Ab 1980 gehörten Sandwich-Bodys und mehrteilige Ahornhälse der Vergangenheit an.  Die wichtigsten Modelle wie Les Paul, SG oder die Hollowbodymodelle wie ES  bekamen nun das Hauptaugenmerk. Besonders die Les Pauls wurden nach den den alten Maßen und Vorgaben gefertigt.

Mit diesen Aufgaben wurde unter anderem der Ingenieur Tim Shaw beauftragt.

1980-1982:

Die Einführung der Les Paul Heritage 80 Serie  war hier der Anfang. Mit den schönen geflammten Decken und den Tim Shaw Humbuckern war sie die erste Reissue-Serie, basiernd auf den Burst Modellen von 1958-1960. Tim Shaw entwarf diese PAF PUs in Anlehnung an die 50er Jahre.

 Er stellte fest dass die PAF-Humbucker der 50er und 60er Jahre dickere Magnete, weniger Windungen des Wickeldrahtes und ein anderes Isolationsmaterial hatten.

 

Das hatte natürlich Auswirkungen auf einen fetteren Klang. Heute werden in den USA bis zu 300 Dollar pro Stück bezahlt und sind überall sehr gesucht!

1983:

 Als weitere Maßnahme gab es ab 1983 die Standard-Reissue Modelle. Spezifisch basieren auf der Gibson Les Paul von 1959. Auch sie sind mit Tim Shaw´s ausgestattet. Es waren neben der Heritage 80 die ersten neuen alten Paulas. Sie werden als Pre-Reissue bezeichnet. Merkmale waren die 5-Stellige Seriennummer (Jahr und Nummer ). Beispiel: 4  0342 = Y  NNNN = 1984 und Nummer 0342. Auch das nach oben geöffnete "b" und das "o" im Gibson Decal waren eine Neuerung.

 

Diese Maßnahmen wurden also schon viel eher unter Norlin umgesetzt, obwohl der Custom Shop erst 1993 offiziell eingeführt wurde. Auch in dem Katalog von 1983 ist der Custom Shop schon erwähnt.

 

Die Tim Shaw Humbucker wurden bis 1987  eingebaut. Warum und welche Serien es sind konnte ich bisher nicht herausfinden.

Jedenfalls waren die Standards und die Customs mit ihnen ausgestattet. (Quelle: Gibson-Katalog 1983). 

 

Hier 2 Auszüge des 1983er Gibson -Kataloges. 

 

Mein Fazit der Norlin Ära!

 

Viele fluchen über diese Gitarren. Leider fehlt mir ein entscheidender Vergleich. Ich hatte noch keine Gelegenheit eine Les Paul ab Baujahr ca.2000 in die Finger zu bekommen. Also weder Traditional aber auch keine Custom Shop. 

Wenn ich aber sehe das Gitarren angeboten werden, die total gechambered sind, frage ich mich ob das nicht ebenso kritikwürdig ist wie Schichtenkorpus oder Ahornhälse. Ich frage mich auch warum mehrteilige Hälse so verteufelt werden. Eine von nicht nur mir bewunderte Gitarre ist z.b. die Ibanez Musician, welche auch mehrlagige verarbeitete Hälse haben.

Klar hat ein Ahornhals und auch Korpus eine andere Klangdynamik. Wahrscheinlich geht es bei der Paula um den warmen Ton. Darum muss das ganze Teil wohl einfach aus Mahagoni sein!

Ich möchte enden mit einem Zitat , welches ich schon einmal verwendet habe. Es lautet: "Wenn der Klang gefällt, ist alles gut".

 

Passend zur Thematik:

 

Mit meiner 97er Winered Les Paul war ich neulich beim Gitarrenhändler meines Vertrauens , um sie komplett neu einstellen zu lassen. Da kam mir etwas zu Ohren, was mir gar nicht gefallen hat. 

Er sagte mir:

 

"Das ist noch ein echtes US-Modell, während seit einigen Jahren nur noch ein gewisser Mindestanteil der Fertigung in den USA stattfinden muss,  damit die Gitarre den Titel Made in USA tragen darf. Vieles stammt schon alleine wegen der Lohnkosten aus Fernost oder sonst wo her."

 

Klar wir leben in einer globalisierten Welt und immer mehr Holzarten dürfen nicht mehr für den Gitarrenbau verwendet werden.

 

Mir persönlich leuchtet ganz klar ein dass Kostendruck, schwindende Ressourcen und Globalisierung einer stätigen Qualitätsverbessung ökonomisch im Wege stehen.

 

Wenn nagelneue Gitarrenmodelle teilweise günstiger zu bekommen sind, als vergleichbare 20 ,30 oder 40 Jahre alte Gitarren, kann das nicht nur am Vintage Hype liegen.

 

Gibson war 2018 Kunkurs und die Norlin Modelle von 1970 bis 1985 werden inzwischen gehypt. Unzählige unserer musikalischen Helden sind eben genau mit diesen Gitarren zu Göttern geworden.

 

Nein Norlin war gar nicht so übel.... finde ich!